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Anrechnung von Weihnachts- und Urlaubsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn? Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Seit der Einführung des Mindestlohns wird darum gestritten, ob Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen sind. Dabei wählten Arbeitgeber zur Kostenoptimierung unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten, die in der Rechtsprechung ebenso uneinheitlich bewertet wurden. Nunmehr erging zu dieser Problematik die erste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Die Erfurter Richter urteilten, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Anrechnung zulässig sein kann.

Im Einzelnen hatte das BAG darüber zu entscheiden, ob die der Klägerin gewährten Jahressonderzahlungen ebenso wie die vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro (brutto) pro Stunde zu leisten sind. So hatte die Arbeitgeberin der Klägerin vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen getroffen. Hiernach zahlte die Arbeitgeberin zusätzlich zu dem Arbeitsentgelt, das für sich unter dem gesetzlichen Mindestlohn lag, nunmehr des Urlaubs- und Weihnachtsgelds monatlich zu je 1/12 aus. Unter Einbeziehung dieses Betrags erhielt die Klägerin einen Stundenlohn oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns.

Das BAG ging auf dieser Grundlage von der Zulässigkeit der beschriebenen Gestaltung durch die Arbeitgeberin aus. Ein Anspruch auf ein erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge stehe der Klägerin nicht zu. Der Mindestlohn trete als eigenständiger Anspruch neben die bisherige Anspruchsgrundlage, verändere diese aber nicht. Der Anspruch auf Mindestlohn sei daher nur dann nicht erfüllt, wenn der Arbeitgeber Zahlungen ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder auf einer besonderen gesetzlichen Grundlage erbringt. Hiervon könne vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden, da die Jahressonderzahlungen auf Grundlage der getroffenen Betriebsvereinbarung vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat gezahlt worden seien. Das BAG lehnte damit die Argumentation der Klägerin ab, dass das Urlaubsgeld, welches dem erhöhten Finanzbedürfnis während des Urlaubs diene, zusätzlich zum Lohn vereinbart worden sei und dass das Weihnachtsgeld vorliegend die Betriebstreue belohne.

Gernot Köhler

Autor: Gernot Köhler / Rechtsanwalt

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