Das LG Berlin entschied in einem Räumungsrechtsstreit über einen Sachverhalt, der in der Praxis regelmäßig vorkommt. Dabei ist das LG Berlin von der bisherigen Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte abgewichen. Die Situation ist folgende:
Ein Mietverhältnis über Wohnraum wird nach dem Eintritt eines qualifizierten Zahlungsrückstandes des Mieters fristlos gekündigt. Da § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Wirksamkeit der Kündigung entfallen lässt, wenn der Vermieter bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs (Schonfrist) hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird (Nachholrecht), erklärt der Vermieter zugleich hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Dies war in der Vergangenheit üblich und wurde bisher nur durch das LG Bielefeld in einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 in Frage gestellt. In dem Leitsatz zu dem Urteil des LG Berlin vom 13.10.2017 heißt es nunmehr:
„Der Eingang einer Schonfristzahlung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB führt dazu, dass die Wirkungen der fristlosen Kündigung – also u.a. die mit ihrem Zugang entstandenen Ansprüche des Vermieters – erlöschen. Unbeschadet dieser Rechtsfolgen bleibt es aber dabei, dass im Zeitraum zwischen Zugang der Kündigung und Eingang der Zahlung ein Mietverhältnis nicht bestanden hat.“
Kurz gesagt: Da die außerordentliche Kündigung zunächst wirksam gewesen sei, habe keine ordentliche Kündigung mehr ausgesprochen werden können. Diese hätte nochmals nach Erhalt der Zahlung erklärt werden müssen.
Damit weicht das LG Berlin von der übrigen Rechtsprechung erheblich ab. So ging man bisweilen davon aus, dass durch die nachträgliche Erfüllung die Kündigung RÜCKWIRKEND unwirksam wird. Es fragt sich daher, ob der Bundesgerichtshof, der nach der Zulassung der Revision hierüber zu entscheiden hat, der Rechtsauffassung des LG Berlin folgt. In Anbetracht der Entscheidung des BGH vom 16.02.2005 (VIII ZR 6/04) mag man dies bezweifeln.
Autor: Gernot Köhler / Rechtsanwalt