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„Kauf bricht nicht Miete“ – Ein Grundsatz mit Einschränkungen

Viele Mieter und Vermieter kennen den obigen Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“. Hiernach tritt der Erwerber vermieteten Wohnraums regelmäßig an die Stelle des Vermieters und damit in alle aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Dass dies jedoch nur dem Grunde nach gilt, zeigt ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 05.04.2016 – VIII ZR 31/15).

Der BGH zeigt in der oben zitierten Entscheidung unter Rekurs auf die Vorschrift des § 566 BGB auf, dass der vermietete Wohnraum im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung dem Mieter auch überlassen worden sein muss, d.h. der Mieter muss die Mietsache in Besitz genommen haben. Daher genügt es nicht, lediglich einen Mietvertrag geschlossen zu haben. Das gleiche gilt nach der gefestigten Auffassung des BGH auch dann, wenn der Mieter einen ihm überlassenen Besitz an der Mietsache nicht mehr ausübt. Auch in diesem Fall wurde ihm die Mietsache im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs nicht mehr überlassen, sodass § 566 BGB nicht anwendbar ist. Es ist mithin stets erforderlich, dass der Mieter den Wohnraum im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs tatsächlich in Besitz hat.

Dies erscheint in Kenntnis der gesetzlichen Bestimmung des § 566 BGB durchaus nachvollziehbar. Der Gesetzgeber nimmt darin an, dass erst die von dem Besitz ausgehende Publizitätswirkung es dem neuen Eigentümer ermöglicht einzuschätzen, in welche Mietverhältnisse er eintritt. Unter Berücksichtigung dessen, ist die aktuelle Entscheidung des BGH absolut zutreffend. Ob es in der Praxis jedoch tatsächlich üblich sein soll, erst nach dem Eigentumsübergang zu prüfen, welche Mietverhältnisse tatsächlich bestehen, mag ernsthaft bezweifelt werden. Die Einbeziehung dessen ist jedoch Aufgabe des Gesetzgebers.

Gernot Köhler

Autor: Gernot Köhler / Rechtsanwalt

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Anrechnung von Weihnachts- und Urlaubsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn? Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Seit der Einführung des Mindestlohns wird darum gestritten, ob Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen sind. Dabei wählten Arbeitgeber zur Kostenoptimierung unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten, die in der Rechtsprechung ebenso uneinheitlich bewertet wurden. Nunmehr erging zu dieser Problematik die erste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Die Erfurter Richter urteilten, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Anrechnung zulässig sein kann.

Im Einzelnen hatte das BAG darüber zu entscheiden, ob die der Klägerin gewährten Jahressonderzahlungen ebenso wie die vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro (brutto) pro Stunde zu leisten sind. So hatte die Arbeitgeberin der Klägerin vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen getroffen. Hiernach zahlte die Arbeitgeberin zusätzlich zu dem Arbeitsentgelt, das für sich unter dem gesetzlichen Mindestlohn lag, nunmehr des Urlaubs- und Weihnachtsgelds monatlich zu je 1/12 aus. Unter Einbeziehung dieses Betrags erhielt die Klägerin einen Stundenlohn oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns.

Das BAG ging auf dieser Grundlage von der Zulässigkeit der beschriebenen Gestaltung durch die Arbeitgeberin aus. Ein Anspruch auf ein erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge stehe der Klägerin nicht zu. Der Mindestlohn trete als eigenständiger Anspruch neben die bisherige Anspruchsgrundlage, verändere diese aber nicht. Der Anspruch auf Mindestlohn sei daher nur dann nicht erfüllt, wenn der Arbeitgeber Zahlungen ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder auf einer besonderen gesetzlichen Grundlage erbringt. Hiervon könne vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden, da die Jahressonderzahlungen auf Grundlage der getroffenen Betriebsvereinbarung vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat gezahlt worden seien. Das BAG lehnte damit die Argumentation der Klägerin ab, dass das Urlaubsgeld, welches dem erhöhten Finanzbedürfnis während des Urlaubs diene, zusätzlich zum Lohn vereinbart worden sei und dass das Weihnachtsgeld vorliegend die Betriebstreue belohne.

Gernot Köhler

Autor: Gernot Köhler / Rechtsanwalt

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Taxifahrer trifft keine Verpflichtung seine Arbeitsbereitschaft im 3-Minuten-Takt zu dokumentieren

Die Frage der Vergütung von Bereitschaftszeiten ist immer wieder Gegenstand arbeitsgerichtlicher Verfahren. Über einen interessanten Sachverhalt hatte nun das ArbG Berlin zu entscheiden. Der Kläger machte insofern aufgrund seiner Tätigkeit als Taxifahrer Mindestlohn geltend. Gemäß dem Urteil vom 10.08.2017 (Aktenzeichen: 41 Ca 12115/16) war der Kläger während des Wartens auf Fahrgäste nicht verpflichtet, alle drei Minuten eine Signaltaste zu drücken, um seine Arbeitsbereitschaft zu dokumentieren. In der Presseerklärung heißt es hierzu:

„Die vom Taxiunternehmen getroffene Regelung bezüglich des Signalknopfes verstoße gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Dieses verbiete eine unverhältnismäßige Erfassung von Daten des Taxifahrers. Das Interesse des Arbeitgebers, die Arbeitsbereitschaft des Taxifahrers zu kontrollieren, erfordere keine so enge zeitliche Überwachung.“ (Pressemitteilung Nr. 15/17 vom 16.08.2017)

Folglich sind Standzeiten und sonstige Zeiten, in denen ein Taxifahrer bereit ist, einen Fahrauftrag auszuführen, Arbeitsbereitschaft oder jedenfalls Bereitschaftsdienst und deshalb mindestlohnpflichtig. Es bleibt abzuwarten, ob der Arbeitgeber gegen das gegen ihn ergangene Urteil Berufung einlegt.

Gernot Köhler

Autor: Gernot Köhler / Rechtsanwalt

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Kein Arbeitsunfall bei sogenannter Bierwanderung

Dass Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit, wozu dem Grunde nach auch betriebliche Veranstaltungen gehören, dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallen, dürfte allgemein bekannt sein. Der Vorteil liegt für den Arbeitnehmer insofern in einem erhöhten Versicherungsschutz. Diesen wollte nunmehr auch eine Lohnbuchhalterin aus einer Steuerkanzlei mit zehn Mitarbeitern genießen, die bei einer sog. Bierwanderung stürzte. Sie meinte, hierbei habe es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, sie habe hieran schließlich gemeinsam mit weiteren zwei Kollegen teilgenommen. Das LSG Darmstadt hat dem jedoch mit berechtigten Gründen eine Absage erteilt (Az.: L 9 U 205/16). Im Einzelnen können folgende Voraussetzungen für eine betriebliche Veranstaltung, die der gesetzlichen Unfallversicherung unterfällt, zusammengefasst werden:

  • Arbeitgeber führt die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durch oder lässt diese als solche durchführen.
  • Teilnahme muss allen Beschäftigten offenstehen und objektiv möglich sein.
  • Veranstaltung muss darauf abzielen, die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten. untereinander zu fördern. (-), wenn Freizeit, Unterhaltung, Erholung oder sportliche bzw. kulturelle Interessen im Vordergrund stehen
  • Veranstaltung muss im Wesentlichen allein für die Beschäftigten angeboten werden.

Hiernach wird deutlich, dass der Anwendungsbereich der §§ 2, 8 SGB VII im Hinblick auf den verfolgten Schutzzweck des Gesetzes nach der herrschenden Rechtsprechung eher eng ist. Dass eine Bierwanderung dreier Kollegen, wie in dem Fall des LSG Darmstadt, der gesetzlichen Unfallversicherung nicht unterfällt, dürfte wohl auf wenig Kritik stoßen. Ob die Nachwirkungen der Bierwanderung bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten der Klage und Berufung eine Rolle gespielt haben, kann jedenfalls nur gemutmaßt werden.

Gernot Köhler

Autor: Gernot Köhler / Rechtsanwalt

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LG Berlin weitet Mieterschutz bei Kündigung wegen Zahlungsverzugs aus

Das LG Berlin entschied in einem Räumungsrechtsstreit über einen Sachverhalt, der in der Praxis regelmäßig vorkommt. Dabei ist das LG Berlin von der bisherigen Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte abgewichen. Die Situation ist folgende:

Ein Mietverhältnis über Wohnraum wird nach dem Eintritt eines qualifizierten Zahlungsrückstandes des Mieters fristlos gekündigt. Da § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Wirksamkeit der Kündigung entfallen lässt, wenn der Vermieter bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs (Schonfrist) hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird (Nachholrecht), erklärt der Vermieter zugleich hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Dies war in der Vergangenheit üblich und wurde bisher nur durch das LG Bielefeld in einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 in Frage gestellt. In dem Leitsatz zu dem Urteil des LG Berlin vom 13.10.2017 heißt es nunmehr:

„Der Eingang einer Schonfristzahlung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB führt dazu, dass die Wirkungen der fristlosen Kündigung – also u.a. die mit ihrem Zugang entstandenen Ansprüche des Vermieters – erlöschen. Unbeschadet dieser Rechtsfolgen bleibt es aber dabei, dass im Zeitraum zwischen Zugang der Kündigung und Eingang der Zahlung ein Mietverhältnis nicht bestanden hat.“

Kurz gesagt: Da die außerordentliche Kündigung zunächst wirksam gewesen sei, habe keine ordentliche Kündigung mehr ausgesprochen werden können. Diese hätte nochmals nach Erhalt der Zahlung erklärt werden müssen.

Damit weicht das LG Berlin von der übrigen Rechtsprechung erheblich ab. So ging man bisweilen davon aus, dass durch die nachträgliche Erfüllung die Kündigung RÜCKWIRKEND unwirksam wird. Es fragt sich daher, ob der Bundesgerichtshof, der nach der Zulassung der Revision hierüber zu entscheiden hat, der Rechtsauffassung des LG Berlin folgt. In Anbetracht der Entscheidung des BGH vom 16.02.2005 (VIII ZR 6/04) mag man dies bezweifeln.

Gernot Köhler

Autor: Gernot Köhler / Rechtsanwalt

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